Vernehmlassung Mai 2017
1. Januar 1970
Er tönt durch den Kanton: Der Ruf nach Frauen in der Politik. Alle vier Jahre, kurz vor den Wahlen, merken die Wahlstrategen, dass sich die eine oder andere Frau auf der Liste in den Kantonsrat oder auch auf dem Regierungsratsticket noch gut machen würde. Gleichzeitig fühlt sich keine Partei wirklich zuständig für Frauenkandidaturen. Umso besser, dass sich das Momentum für eine ausgezeichnete CVP-Frauenkandidatur ergeben hat. Silvia Thalmann hat meine volle Unterstützung. Aber seien wir ehrlich: Es ist eher das Prinzip Zufall, denn gezielte Parteistrategie. Kaum erstaunlich, dass selbst bei den Alternativen gleich ein Mann in den Startlöchern für die Nachfolge der aktuell einzigen Regierungsrätin stand.
Das wesentliche Problem ist: Viele Frauen zwischen 25 und 45 Jahren sind in Lebenssituationen, die ein politisches Engagement erschweren. Sie organisieren grossmehrheitlich das Familienleben und jonglieren diese Herausforderung mit ihrem Beruf. Als werdende Mutter kann ich alle Frauen verstehen, die nach der Geburt eine längere berufliche Auszeit nehmen wollen. Zum einen für das Kind, das man doch nicht einfach so in fremde Hände geben will. Zum anderen sind Kita-Plätze im Kanton Zug rar. Die langen Wartelisten bieten alles andere als Planungssicherheit für den Wiedereinstieg in den Beruf. Und genau das wird von der Wirtschaft erwartet. Denn schliesslich hat die Gesellschaft viele Milliarden Franken in die Ausbildung der Frauen investiert. Wenn sich insbesondere Akademikerinnen aus dem Berufsleben zurückziehen, weil es mit der Familie nicht vereinbar ist, so liegen diese Investitionen brach. Die Schweiz liegt bloss auf Platz 22 von 30 europäischen Ländern bezüglich Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wobei auch gesellschaftliche Normen. Es gibt also Verbesserungspotenzial.
Wenn es am Arbeitsplatz überhaupt möglich ist, so sind es meist die Frauen, die eine Reduktion der Arbeitszeit vornehmen. Damit geht auch gleich ihr Kampf los, noch für interessante Projekte eingesetzt zu werden und damit nicht zu viel Rückstand in der Berufserfahrung auf die männlichen Kollegen zu erhalten. Denn das wiederum wird gerne für die tiefere Entlöhnung der Frauen vorgebracht. Nicht zu reden von den sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen durch weniger Lohn und tiefere Beiträge in die Altersvorsorge.
Eine weitere gesetzliche Lücke sorgt dafür, dass eine gewählte Politikerin nach der Geburt eines Kindes die „Wahl“ zwischen der Mutterschaftsentschädigung und den paar Franken Sitzungsgeld für den Kantonsrat hat. Denn das Amt gilt rechtlich als Nebenerwerb. Bei einem jährlichen Einkommen von 2‘300 Fr. entfällt die Mutterschaftsentschädigung. Die frischgebackene Mutter muss auf mindestens drei Sitzungen verzichten. Das entspricht wohl weder dem politischen Willen hinter der Mutterschaftsentschädigung, noch dem Milizsystem.
Es wundert also nicht, dass sich frau erst auf ein politisches Engagement einlässt, wenn sie die meisten dieser Kämpfe gefochten hat. Wenn sie es schon vorher tut – Chapeau! Dann sollte sie aber auch strategisch aufgebaut werden. Das ist nicht die Aufgabe von Frauengruppen innerhalb der Parteien oder einzelnen Exponentinnen oder eines Wahlstabes im Wahljahr. Es ist vielmehr eine dauerhafte, strategische Aufgabe aller Parteien – und ein gesellschaftspolitisches Anliegen. Dann würde es eher klappen, Frauen zu motivieren. Und es würde sicher nicht erst im Wahljahr die Frauenfrage aufkommen