Robinson und die Rentenreform
26. Juli 2017
Demokratie ist anspruchsvoll. Bei Abstimmungen reduziert sie sich jedoch auf ein Ja oder ein Nein. „Jeins“, „Ja, abers“ oder gar Verbesserungsvorschläge sind nicht möglich. Leider, denn wir alle – Ausbünde von politischer Klugheit und Weitsicht – wüssten schon, wie zu entscheiden wäre. Vor allem dann, wenn wir wie Robinson auf einer Insel lebten, ohne lästige Stimmbürgerinnen und -stimmbürger, die sich um Polittheorie wenig, um Eigeninteresse aber umso mehr kümmern.
Die Abstimmung über die Rentenreform 2020 zwingt uns zum Farbe bekennen. Seit Jahren sucht man politisch nach Lösungen. Mehrmals scheiterten Vorschläge, weil einmal die Alten, dann die Jungen und obendrein die Frauen etwas stärker betroffen gewesen wären. Mehrfach entschied der Souverän anders, als die Parteistrategen es wollten. Resultat: Zwanzigjähriger Stillstand bei der Altersvorsorge trotz unbestrittenem Reformbedarf. Nun liegt nach zähem Ringen ein Kompromiss vor. Am 24. September stimmen wir darüber ab.
Wollen wir ideologisch korrekt sein oder trotz kleiner werdendem Kuchen Allen gleich grosse Stücke wie bisher verteilen, dann lehnen wir den Kompromiss ab, auf die Gefahr hin, dass sich die Probleme verschärfen. Oder wollen wir eine Lösung, die zwar unvollendet ist, aber für die nächsten Jahre Stabilität in unsere Renten bringt und Zeit schafft, die Altersvorsorge weiter zu entwickeln?
Robinson hätte für seine Meinungsbildung weder politische Parteien, noch Wirtschaftsverbände gebraucht. Eine Familie, die Erkenntnis, dass er Verantwortung nicht nur für sich selbst, sondern auch für folgende Generationen trägt, und das Wissen, dass man ein Rentensystem nicht für die Ewigkeit und schon gar nicht ohne die anderen Inselbewohner schafft, würden ihm für einen weisen Entscheid genügen. Mir übrigens auch.