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Gedanken zum 1. August

24. Juli 2019


Bewusster Leben

In der heutigen rastlosen Erneuerungseuphorie, die manchmal an Manie grenzt, wollen wir allzu oft das Rad neu erfinden und vergessen, das Bewährte und den reichen Erfahrungsschatz in die Neuerungen einzubringen. Es ist auch gefährlich, nur dem finanzpolitischen Weg und Gewissen zu folgen, denn der Weg in die Sackgasse ist oft sehr kurz und die dabei zerstörten Werte, Traditionen und Gesellschaftsstrukturen nur schwer oder gar nicht mehr aufbaubar. Ist die Verlagerung unserer Produktionsstätten und damit das know-how ins Ausland oder die Zusammenlegung von Unternehmungen wirklich der Weisheit letzter Schluss? Ist es volkswirtschaftlich verantwortbar, dass Unternehmungen nicht wegen ihrer erarbeiteten Wertschöpfung, sondern allein wegen ihrer finanziellen Gegenwerte, wie z.B. Immobilien, aufgekauft und verkauft werden? Braucht es immer Radikallösungen, den wirtschaftlichen Kollaps oder das Delegieren der Verantwortung für seine Mitmenschen und seine Umwelt an den Staat bevor wir das viel gepriesene ganzheitliche und zukunftsorientierte Denken anwenden und die Solidarität wieder leben? Können Wirtschaftlichkeit, Umgang mit Ressourcen. Kultur und Tradition nicht optimaler aufeinander abgestimmt und kombiniert werden?

Es ist ein Privileg, Bürgerin oder Bürger dieses Landes zu sein, es ist ebenso ein Privileg in einer unbestrittenen Demokratie zu leben, in einem fairen Rechtsstaat mit einer klugen Verfassung, in einem Land, das seinen Bewohnern grosse Einflussnahme auf allen Ebenen des Gemeinwesens zugesteht. Oft sind wir uns dieser Vorteile gar nicht mehr bewusst. Was bei uns als Standard gilt, ist für andere Nationen alles andere als selbstverständlich, teilweise gar unvorstellbar. Es gilt deshalb dem Bewährten Sorge zu tragen, wobei die aktuelle Situation ohne weiteres hinterfragt werden kann oder muss. Veränderungen dürfen dabei nie Selbstzweck sein – ebenso müssen wir uns auch bewusst sein, dass nicht alle Veränderungen zu Verbesserungen führen. Neuinvestitionen sind für unser Wirtschaft und unser Land ebenso wichtig wie die Korrekturen und Richtungswechsel bestehender Strukturen; solche Veränderungen ergeben sich jedoch nur, wenn Undenkbares plötzlich denkbar wird, wenn sich Tabus verflüchtigen.

Der Zahn der Zeit hat die Heimatverbundenheit abgenutzt. Die Passivität, ja teilweise Lethargie und Verdrossenheit des Bürgers hat die Wurzeln jedoch nicht nur in seinem Desinteresse, sondern auch in der Komplexität der heutigen Abläufe und Verknüpfungen, die das Erkennen der Zusammenhänge erschweren. Wir begegnen heute den politischen Vorlagen auch skeptischer, sensibler – aber auch egoistischer. Wurden früher Vorlagen unterstützt, die sich bis zu 80 % mit unseren Vorstellungen deckten, so werden sie heute schon abgelehnt, wenn man mit wenigen Prozenten unzufrieden ist. Wir bekunden heute aber auch vermehrt Mühe mit dem Akzeptieren von demokratischen Entscheiden oder Rechtsgrundlagen.

Fazit: Erkennen und schätzen wir doch, was wir haben, ohne sich aber der Zukunft zu verschliessen.