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Gleich lange Spiesse für Alle

2. Oktober 2020

Vollstopp für unternehmerische Verantwortung an der Landesgrenze? – Nein!

Gleich lange Spiesse für Alle

Am letzten Wochenende haben die Stimmbürgerinnen und -bürger wichtige sicherheits- und gesellschaftspolitische Entscheidungen getroffen, die mich freuen. Der Bund entlässt uns dieses Jahr aber noch nicht. Zwei weitere Fragestellungen werden schon bald in grauen A5-Couverts in unseren Briefkästen landen. Erneut lohnt es sich, sich rechtzeitig über die Tragweite eines «Ja» oder «Nein» zu informieren.

Ich picke eine Abstimmung heraus, sie liegt mir als bürgerlicher Politiker besonders am Herzen und dürfte Ihnen sicherlich schon mit Kürzeln wie «KOVI» oder «KVI» begegnet sein. Die Urheber der Initiative, deren orangen Fähnchen landesweit und gut sichtbar an Balkonen hängen, beschreiben dies ausführlicher: «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» (KVI).

Missachtung von Menschenrechten (Kinderarbeitsverbot) und anerkannter Umweltschutzstandards (verbotene hochtoxische Pestizide) sind verpönt. Haben Sie schon je von jemanden gehört, dass diese Standards im Ausland nicht gelten sollen? Fazit: moralischer Konsens hüben und drüben. Weshalb also diese Aufregung bei den Wirtschaftsverbänden? Weil plötzlich Hochglanzbroschüren nicht mehr massgeblich sein sollen, dafür aber Urteile von Schweizer Richterinnen und Richter, denen wir regelmässig per Volkswahl unser Vertrauen schenken?

Nun zum Anliegen der Initianten: eine gewerbefreundliche Formulierung sorgt von Beginn an dafür, dass rund 580’000 KMUs in der Schweiz von der KVI gar nicht erst erfasst werden. Deshalb erstaunt es auch nicht weiter, dass Gewerbeverbandspräsident Bigler die Kernbotschaft der Gegner, wonach die für unsere Wirtschaft so wichtigen KMUs gefährdet sein sollen, wie folgt quittiert: «Das ist doch alles Unsinn». Danke, Herr Bigler, für dieses klare Statement. Die KVI ist gewerbefreundlich.

Wussten Sie, dass sich die grosse Mehrheit der auf den Weltmärkten tätigen Unternehmungen und Konzernen, die von der Schweiz aus operieren, sich wegen der KVI gar keine Sorgen machen müssen? Sie blicken mit Gelassenheit – wie alle KMUs – dieser Abstimmung entgegen, weil sie ihre Lieferketten aus dem Ausland schon heute konsequent und sorgfältig prüfen. Sie geschäften anständig und verantwortungsvoll.

Noch ein Luftschloss der Gegner gefällig? Sie behaupten gebetsmühlenartig, dass die KVI das schweizerische Rechtssystem auf den Kopf stelle. Falschmeldung! Vielmehr dehnt sie bewährte Spielregeln «Made in Switzerland» aus («Geschäftsherrenhaftung»), an denen sich unsere hiesigen KMUs tagtäglich ausrichten und messen lassen. Gleich lange Spiesse also für Alle!

Und gut zu wissen, dass die KVI die so wichtige unternehmerische Freiheit auf den globalisierten Märkten unberührt lässt. Sie baut keine Bürokratie auf, sieht gerichtliche Einzelfallprüfungen vor und verzichtet auf unnötige Strafnormen wie in Holland, wo bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen.

Über dreihundert Politiker aus der BDP, CVP, EVP, FDP, GLP und SVP gehören dem bürgerlichen Komitee für Konzernverantwortung an. Als eines der Mitglieder werde ich deshalb schon bald das Couvert öffnen und ein beherztes «Ja» mit dem Stift ins graue Feld setzen, weil ich überzeugt bin, dass unternehmerische Freiheit mit Verantwortung gekoppelt ist und letztere nicht an der Landesgrenze stoppen darf. Und Sie? Stärken auch Sie mit einem beherzten «Ja» die Unternehmungen, die auf ausländischen Märkten heute schon mit «Swiss Finish» arbeiten, und laden Sie den restlichen Teil dazu ein.

 

(Zuger Ansichten, Zuger Zeitung, 3. Oktober 2020)