Der erste Atomausstieg
8. Mai 2017
Die aktuelle Debatte um die Energiestrategie dreht sich meines Erachtens zu wenig um den Kern der Vorlage: den geordneten Ausstieg aus der Atomkraft, und welche Massnahmen diesen Ausstieg ermöglichen. Das Schweigen diesbezüglich ist verständlich.
Denn die Gegner der Energiestrategie wissen genau, dass all ihre kritischen Einwände nur dann ernst zu nehmen sind, wenn sie zugeben, dass sie ein neues Kernkraftwerk bauen wollen. Sie wollen es nicht nur, sondern sie müssen Es entspricht ihrer Logik, die die geplanten Massnahmen, um die Kernkraft zu ersetzen, ablehnt. Aber sie wissen, ein neues AKW in der Schweiz ist nicht mehrheitsfähig.
Der Erste, der das richtigerweise erkannt hatte, schon 1988, war Christoph Blocher. Zwei Jahre nach Tschernobyl verlangte er, dass in Kaiseraugst auf den Bau eines Atomkraftwerks verzichtet werden sollte, weil er keine Möglichkeit sah, dass das Volk je zustimmen würde. Das Parlament folgte, und das Projekt, das bis dahin schon 1,3 Milliarden Franken gekostet hatte, war beerdigt. Seit 1988 ist klar, dass in der Schweiz, in der direkten Demokratie, ein neues Kernkraftwerk eine Illusion bleibt. Man kann das gut finden, man kann das schlecht finden. Aber man kann es nicht bestreiten.
Heute wollen die, die damals verantwortlich waren, dass die Kernkraft beerdigt wurde, diese wieder auferstehen lassen. Nach der Abstimmung im letzten Herbst zur abgelehnten Atomausstiegsinitiative ergaben Umfragen, dass sie damit neun Prozent der Bevölkerung vertreten.
Wären sie konsequent, und würden sie ihren eigenen Prinzipien treu bleiben, und den Volkswillen beachten, müssten sie der Energiestrategie 2050 jetzt zustimmen. Es wäre die Anerkennung der direktdemokratischen Realitäten, die sie selber herbeiführten.