Unsere Website ist nicht für deine Browserversion optimiert.

Seite trotzdem ansehen

CVP quo vadis?

15. September 2020

Zuger Ansichten

CVP quo vadis?

Der Namenswechsel der CVP und die Fusion mit der BDP werden innerhalb und ausserhalb der Partei heiss diskutiert. Dabei ist wohl unbestritten, dass sich die Partei an die sich veränderte Parteienlandschaft anpassen muss. Als Partei der Katholiken hat sie keine Zukunft. Nachdem ich 22 Jahre für die Partei politisch aktiv bin, erlaube ich mir hier zwei Punkte, die mir im Verlaufe der Zeit immer wichtiger wurden, unserer neuen Partei auf den Weg mitzugeben.

Der erste Hinweis ist ein Zitat des ehemaligen Präsidenten des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofes, Andreas Vosskuhle: «Insoweit ist die Idee der Mitte nicht nur Einladung zum Gespräch, sondern Verpflichtung zum Argument.» Leider muss ich feststellen, dass in der Politik die sachliche Auseinandersetzung, das Zuhören, das Ringen um eine gute Lösung immer öfter in den Hintergrund tritt. Die ideologisch und moralisch aufgeladene eigene Meinung wird durch dick und dünn verteidigt. Da man überzeugt ist, die moralisch einzig richtige Meinung zu vertreten, erübrigt sich die Diskussion. Ohne Diskussion gibt es aber keine Demokratie und auch keinen Fortschritt, sondern nur eine Diktatur der (vermeintlichen) Tugend. Wir operieren zunehmend im geistigen Notstandsmodus, der dazu benutzt wird, jede vernünftige Auseinandersetzung zu verhindern. Ich fühle mich wohl in der CVP, weil hier das Argument zählt, wir ohne Scheuklappen  diskutieren und es wäre Schande, wenn diese Mitgift verloren ginge.

Zweitens soll das Wohl unserer Gemeinschaften wieder vermehrt im Zentrum stehen. Meines Erachtens leidet unsere Zeit am Egoismus und an der Vereinzelung. Unsere Gesellschaft kommt mir zunehmend vor wie eine Ansammlung schlecht erzogener Kinder. Kinder, die sich gewohnt sind, dass ihre Bedürfnisse jetzt und sofort befriedigt werden. Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Geschwister oder Eltern – Fehlanzeige. Ein Bewusstsein, dass der Mensch sich nur entwickeln kann, wenn er sozial eingebettet und verankert ist, scheint immer weniger für unser Handeln entscheidend zu sein.

Es erstaunt darum nicht, dass die Einsamkeit zu einer Geissel unserer Gesellschaft geworden ist. Obwohl wir wissen, dass wir nur als soziales Wesen glücklich sein
können, verhalten wir uns wie Einsiedler. Es scheint uns alle immer weniger zu interessieren, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Auch wenn sich unsere Partei dem Zeitgeist nicht verschliessen konnte, so habe ich doch unsere «Familienpartei» immer als aufgeschlossen erlebt, wenn es darum ging, die Interessen unserer Gemeinschaften wie der Familie, der Vereine, der Gemeinden zu vertreten. Es braucht eine Stimme, die betont, dass es wichtig ist, einen Beitrag für unsere Gemeinschaften zu leisten. Freiwilligenarbeit sollte ein selbstverständlicher Teil unserer Existenz sein und auch von jedem eingefordert werden können. Falls der neue
Dreiklang «Freiheit, Solidarität, Verantwortung» unserer Partei der Mitte zu mehr Gemeinsinn führt, bin ich gerne ein Teil dieser Partei.

Wichtig ist nun, Kurs zu halten, das Profil zu schärfen und die historische Chance der Fusion mit der «reformierten» BDP zu nutzen. Wir haben mit Gerhard Pfister einen Parteipräsidenten, um den uns die anderen Parteien beneiden. Sehr oft sind Persönlichkeiten für historische Ereignisse entscheidend. Ich würde es uns und Gerhard Pfister wünschen, dass wir Geschichte schreiben und in der Schweiz eine starke Mitte schaffen können.